Beutekunst

Für manchen sind Pferdewetten ein Verhängnis, für andere der Roulettetisch. Doch zu den neuen Süchten auf diesem Gebiet scheint es zu zählen, in einem Auktionshaus zu bieten. Ein Auktionshausbesitzer aus China hat sich unlängst bei der Versteigerung der Kunstsammlung von Modeschöpfer Yves Saint Laurent als potentieller Käufer gemeldet und fleißig mitgesteigert. Schließlich erhielt er den Zuschlag für zwei chinesische Tierköpfe aus der Qing-Dynastie. Der astronomische Preis von 15, 7 Millionen Euro störte den Mann nicht, obwohl er ihn von vorne herein nicht zahlen konnte. Dies gab er jetzt gegenüber der Presse auch zu. Vaterlandsliebe ist, wenn man sich verpflichtet fühlt, kostbare Objekte für sein Land zu erwerben, weil sie daher stammen. Das Auktionshaus hat bisher nicht bestätigt, dass der Mann tatsächlich der Käufer ist. Der Bieter hatte anonym mitgesteigert, was erlaubt ist. Oft erwerben reiche Sammler solche stücke über Strohmänner. Wenn ein Bieter nicht zahlen kann, weil er sich überschätzt oder einen dummen Scherz erlaubt hat, versuche man eine Lösung zu finden. Vorausgegangen war dem ganzen eine Rückforderung der Objekte durch die chinesische Regierung, die beinahe zur Verhinderung der Verkaufsauktion geführt hätte. Die beiden fast 40 Zentimeter hohen Bronze-Tierköpfe - ein Hasen- und ein Rattenkopf - wurden 1860 von französischen und britischen Truppen während der Plünderung des kaiserlichen Sommerpalastes in Peking erbeutet. Sie gehörte zu den schmerzhaftesten Demütigungen Chinas durch die Kolonialmächte. Kein Wunder also, dass der patriotische Mann seinem Land zum Recht verhelfen wollte. Was nun aus der Sache wird, werden wir hoffentlich bald erfahren. Wollte man generell alle Beutekunst aus dem land holen, in dem sie derzeit weilt, gäbe es sicher mehr als ein Problem. Kein einziges Museum weltweit wäre dann noch das, was es heute ist. Manche haben nämlich kaum etwas anderes in den Vitrinen! Mehr zu diesem Thema gibt es hier: derwesten.de und 360-grad-blog.de